Bericht aus 2023
Loswerden können, was auf der Seele brennt
Noch bis zum 3. September gibt es am Schaumberg den „Ort des Zuhörens“
Tholey – Wer aktuell seine Wanderschuhe am Herzweg-Parkplatz auf dem Schaumberg in Tholey schnürt, kann ihn nicht übersehen: den ganz neuen und speziell eingerichteten Bauwagen. „Ort des Zuhörens“ steht auf einem großen Banner an der Außenseite. Vor dem Bauwagen sitzen Pastoralreferentin Carola Fleck und eine ehrenamtliche Mitarbeiterin. Sie warten auf Menschen, die Gesprächsbedarf haben und jemanden zum Zuhören suchen. „Jemanden zu finden, der einfach zuhört – das ist in unserer Zeit oft nicht leicht“, nennt Fleck die Idee hinter dem Projekt, das seit 2019 nun zum dritten Mal stattfindet. „Es handelt sich um ein niedrigschwelliges Angebot für Leute, die einfach mal loswerden wollen, was ihnen auf der Seele brennt, die vielleicht auch einsam sind und etwas rauslassen müssen“, sagt Fleck. Mit dem Bauwagen bewegt sich die Kirche an einen Ort, an dem die Menschen sind, Sport treiben und spazieren gehen. Der „Ort des Zuhörens“ ist ein ökumenisches Projekt, das die Pfarreiengemeinschaft Am Schaumberg, die Pastoralen Räume Tholey und St. Wendel sowie die Evangelische Gesamtkirchengemeinde St. Wendel den Sommer über anbieten. Unterstützt werden sie von der Gemeinde Tholey.
„Das ist ja toll“, lobt eine gutgelaunte Frauengruppe, die sich mit Sektgläschen für ihre bevorstehende Wanderung „stärkt“, als ihnen die Ehrenamtliche das Projekt vorstellt. „Aber wenn wir jetzt Ihnen all unsere Probleme erzählen würden, säßen wir noch morgen Nachmittag hier“, scherzt eine Wanderin lachend. Viele Touristen kommen vorbei oder Patienten einer nahe gelegenen Klinik. In Tholey selbst habe sich das Angebot inzwischen gut herumgesprochen. „Es kommen auch Leute ganz gezielt, die uns und den Bauwagen schon kennen und das Gespräch suchen“, sagt Carola Fleck. Oft entwickelten sich die Gespräche im Moment. „Die Leute fragen: ”Was ist das hier für ein Ort und was gibt es hier?” Und plötzlich ist man mittendrin im Gespräch, sagt sie. Bei einem kühlen Getränk kann ausgesprochen werden, was bewegt, erfreut, ärgert oder zur Frage geworden ist. Auch wer einfach von seinem Tag erzählen möchte, kann zum Bauwagen kommen.
Mehr als 300 kürzere und lange Gespräche hat das Bauwagen-Team im letzten Sommer am Bauwagen geführt. Dominierendes Thema seien damals die Corona-Pandemie und ihre Folgen gewesen. Das sei in diesem Jahr bislang kein Thema gewesen. „Die großen Krisen von heute wie etwa der Ukraine-Krieg werden zwar erwähnt, es ist aber nicht so, dass die Menschen vorrangig deswegen Redebedarf haben“, sagt Fleck. Es seien überwiegend persönliche Themen wie Sorgen familiärer Art, die in diesem Jahr die Gespräche prägten. „Viele ältere Menschen erzählen, was sie umtreibt, wie es ihnen gesundheitlich geht oder worüber sie sich freuen, was sie alles noch können oder noch vorhaben“, sagt die Ehrenamtliche. Die Inhalte der Gespräche seien vertraulich, betont sie. „Es ist aber nicht so, dass nur einer spricht und der andere nur zuhört. Es ist schon ein richtiges Gespräch.“ Die vier vorbereitenden Schulungstermine, unter anderem mit der Leiterin der St. Wendeler Lebensberatung, Theresia Wagner, habe ihr und den anderen Ehrenamtlichen sehr geholfen. „Es ist wichtig, dass man wen hat, der die psychologische Seite des Menschen gut kennt und weiß, wie Menschen reagieren, aber auch wie wir Zuhörenden auf Gesagtes reagieren können und sollen.“
Rund 30 Frauen und Männer im Alter von 30 bis 75 Jahren sind als ehrenamtliche Zuhörer und Zuhörerinnen über den Sommer verteilt am Bauwagen aktiv – nach einer Werbephase in der Presse mit einer Profilbeschreibung des ehrenamtlichen Engagements sind das erfreulicherweise doppelt so viele wie im Vorjahr. Hinzu kommen vier Hauptamtliche, die bei Bedarf – etwa nach einem belastenden Gespräch – den Ehrenamtlichen zur Seite stehen. „Wir bieten am Bauwagen Zuhören an, keine Psychotherapie oder intensive Beratung“, sagt Fleck. Für diese Fälle liegen im Bauwagen viele Flyer von Anlaufstellen wie Lebensberatung, Sozialberatung, Caritas oder Diakonie bereit, wo sich Menschen, sofern nötig, weitergehende Hilfe holen können. Auf Wunsch können die Gespräche auch im Bauwagen stattfinden. „Das Gespräch bei uns kann Startpunkt dafür sein, sich anderswo gezielt professionelle Hilfe zu suchen“, sagt die Pastoralreferentin.
Info: Noch bis 3. September gibt es den „Ort des Zuhörens“ auf dem Herzweg-Parkplatz. Mittwochs bis sonntags, jeweils von 10 bis 12 Uhr und von 16 bis 18 Uhr findet sich dort ein Mensch, der zuhört. Das ökumenische Team unter Leitung von Gemeindereferentin Therese Thewes, Pastoralreferentin Dr. Carola Fleck und Pfarrerin Gabi Kräuter freut sich auf zahlreiche Begegnungen.
Bericht und Foto: Ute Kirch / Bischöfliche Pressestelle Saarbrücken